Dom Delatte (2)
Kommentar zur Regel des heiligen Benedikt, S. 797.
Aus diesen Worten des hl. Benedikt spricht eine gewisse christliche Einfachheit, die allein uns schon seine vollkommene Heiligkeit zeigt. Denn solche Aufrichtigkeit und Bescheidenheit kann nur von Gott kommen. Wie anders aber ist die Wesensart des Menschen! Das, was ein beliebiger Mensch erreicht, ist in seinen Augen stets ein Meisterwerk. Instinktiv neigt er dazu zu glauben, die ganze Welt geistig erfasst zu haben. Das, was er tut, ist für ihn immer endgültig und vollkommen. Nur die wahrhaft Weisen und die ganz großen Künstler entgehen dieser Selbsttäuschung. Und der hl. Benedikt gehört zu ihnen. Seine Regel kommt ihm selbst als bescheidener Versuch vor, wie ein „Anfang“ oder eine erste Einführung in das höhere Leben. Wir wissen, wie sehr die folgenden Jahrhunderte dieser allzu bescheidenen Selbsteinschätzung widersprochen haben.