Dom Prosper GUERANGER
1833 wird das klösterliche Leben in Solesmes durch Dom Prosper Guéranger, der am 4. April 1805 in Sablé geboren ist und daher Solesmes sehr gut kannte, wieder neu belebt.
Nach dem Besuch des Priesterseminars von Le Mans wird er am 1827 zum Diözesanpriester geweiht. Besonders begeistert ihn die Kirchengeschichte. Die Entdeckung einer vom aufblühenden Mönchtum geprägten Vergangenheit, sowie die Auseinandersetzung mit den hervorragenden Werken der Mauriner, wecken in ihm die Sehnsucht nach einem klösterlichen Leben. Als er 1831 vom drohenden Abriss des Priorats in Solesmes erfährt, kauft er, unterstützt durch seinen Bischof und Freunde, das Anwesen, um dort selbst das benediktinische Leben zu führen. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten mietet er das Kloster und zieht am 11. Juli 1833 zusammen mit drei Gefährten dort ein. Die kleine Gemeinschaft hat weder Geld noch einen bedeutenden Ruf, um Nachwuchs anzuziehen. Zudem fehlt die Erfahrung im klösterlichen Leben. Der erst 28 Jahre alte Obere besitzt selbst nur theoretisches Wissen darüber. Doch war das Unternehmen kein blinder Wahn, sondern ein Glaubensbekenntnis. Durch ein gutes benediktinisches, liturgisches und geistliches Gespür wird der junge Prior seinen Mönchen schnell zu einem lebendigen Beispiel.
Im Jahr 1837 wird die Gemeinschaft von Solesmes durch den Hl. Stuhl offiziell als authentisch benediktinisch anerkannt. Das kleine Priorat wird zur Abtei und zum Mutterhaus der neu gegründeten „Congrégation de France“ erhoben. Wenige Tage später, am 26. Juli, legt Dom Guéranger seine feierliche Profess in die Hände des Abts von der Abtei S. Paolo fuori le mura in Rom ab.
Im Jahr 1866 gründet Dom Guéranger zusammen mit Cécile Bruyère in der Nähe der Abtei Saint-Pierre die Abtei Sainte-Cécile, woraus sich der Frauenzweig der Solesmenser Kongregation entwickelt.
Dom Guéranger Schriften und seine Lehre sind zutiefst von der Kontemplation des Menschwerdungsgeheimnisses geprägt. Besondere Aufmerksamkeit lenkt er auf die Liturgie, deren Spiritualität er den Gläubigen in seinem berühmtesten Werk L’Anné liturgique (Das liturgische Jahr) zu erschließen sucht. Dom Guéranger gilt als Bahnbrecher der liturgischen Bewegung des 20. Jh. Ebenfalls veröffentlicht er die Institutions liturgiques (Liturgische Institutionen), wo er die Beziehungen zwischen der Liturgie, dem Glauben und der Einheit der Kirche erläutert. Mit diesem Werk trug Dom Guéranger u.a. zur Rückkehr der französischen Diözesen zur römischen Liturgie bei.
Besonders verehrt Dom Guéranger das Papsttum. Sein Gutachten Mémoire sur l’Immaculée Conception (Gutachten über die Unbefleckte Empfängnis) erregt die Aufmerksamkeit vom Papst Pius 10., der ihn schließlich dazu auffordert, sich am Vorbereitungsausschuss des marianischen Dogmas zu beteiligen. 1870, während des ersten Vatikanums, legt Dom Guéranger in La monarchie pontificale (Die Papstmonarchie) die Belege aus der Tradition zugunsten der Unfehlbarkeit des Papstes dar.
Von ebenfalls ausgeprägter Intensität ist die Herz-Jesu-Frömmigkeit, die Dom Guéranger für das beste Hilfsmittel gegen den Jansenismus hält. Aus diesem Grund widmet er sich besonders den Schriften der hl. Gertrud von Helfta und anderen Autoren der Mystik.
Seit 1862 regt Dom Guéranger eine Gruppe seiner Mönche dazu an, gründlich die Quellen der liturgischen Kirchengesänge zu erforschen. Damit bahnt er der Abtei von Solesmes den Weg, der zu einer Restauration der Gregorianik und zur Neuauflage deren Repertoires führen sollte.
Am 30. Januar 1875, im Alter von nur 69 Jahren, stirbt Dom Guéranger. Sein Leichnam ist in der Krypta der Abteikirche bestattet; sein Herz ruht in der Abteikirche von Sainte-Cécile in Solesmes.